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Roadtrip durch den Wilden Westen nach Jackson Hole

Aspen, Park City und Vail kennt jeder. Aber Bridger Bowl, Big Sky oder Grand Targhee? Amerikas Ski-Geheimtipps liegen tief im Wilden Westen. Zwischen Prärie und Bergen hat sich Bernhard Krieger auf einen Roadtrip durch das Cowboy-Land begeben, von Bozeman in Montana vorbei am Yellowstone Nationalpark bis hin zum legendären Jackson Hole in Wyoming.

Button_ski_usa_1Wenn ein Skireiseziel selbst bei passionierten Wintersportlern nur Achselzucken auslöst, dann hat man bei der Reiseplanung wohl etwas verdammt falsch gemacht – oder alles richtig! Geheimtipps sind ja nun mal nicht allzu vielen bekannt. Mit Bozeman/Montana konnten jedenfalls nicht mal meine viel gereisten Ski-Freunde etwas anfangen. Dabei ist Bozeman eine der größten Städte im US-Bundesstaat und Ausgangspunkt für einen Ski-Roadtrip abseits der üblichen Trampelpfade.

Vom Flughafen Bozeman fahre ich, vorbei an den üblichen McDonalds- und Wallmart-Filialen, in wenigen Minuten zur Main Street. Als ich am Ted’s im The Baxter Hotel vorfahre, um mir im Restaurant des CNN-Gründers Ted Turner ein saftiges Bison-Filet einzuverleiben, endet im Ballroom nebenan gerade eine Hochzeitsfeier. Kichernde Frauen in knallbunten Abendkleidern stöckeln an den Armen ihrer kaum nüchterneren Begleiter zu ihren Pickup-Trucks. Die Herren tragen zum Anzug Stetson-Hüte und Cowboy-Stiefel. Willkommen im Wilden Westen!

Mit dumpfem Grollen starten die Vier-Liter-Motoren ihrer Trucks. Dann reiht sich einer nach dem anderen brav in die mit 25 Meilen pro Stunde über die verschneite Main Street tuckernde Blechkolonne ein. Wer ein paar Whiskey zu viel intus hat, will den Cops schließlich nicht auffallen.

Am nächsten Morgen ist die Main Street fast menschenleer, als ich mich, vom Jetlag aus dem Bett getrieben, auf den Weg nach Bridger Bowl mache. Bozemans Skigebiet liegt nur rund 20 Minuten entfernt. Es ist keines dieser amerikanischen Mega-Ski-Resorts mit Millionen Dollar teuren Villen. Bridger Bowl ist eher das, was die Amerikaner einen „Local Hill“ nennen. Am Fuß des Hausbergs liegt ein riesiger Parkplatz, weil Amerikaner von Skibussen ungefähr so viel halten wie Europäer von US-Präsident Trump. Dahinter steht eine Talstation mit nett eingerichteter Bar, Skiverleih und Skischule.

Dort wartet bereits Duke, um mir sein Lieblingsskigebiet zu zeigen. Er ist einer der wenigen Schwarzen im Skisport – in den USA ist der Spaß im Schnee erstaunlicherweise noch immer fast ausschließlich ein Vergnügen für Weiße. „Meine Eltern sind Skifreaks. Deshalb sind wir von New York nach Montana gezogen“, erzählt Duke. Bis heute ist er seiner Mom dafür unendlich dankbar. Duke kennt die Ski-Resorts in Montana und Wyoming wie kaum ein anderer. Lange war er Ski-Guide im Yellowstone Club, einem hermetisch abgeschirmten Privatskigebiet für Superreiche. Bill Gates besitzt dort eine Mega-Villa, genauso wie Tiger Woods. „Mit dem Golf-Star war ich schon mal fischen“, erzählt Duke, wobei er sicher lieber mit Woods‘ damaliger Freundin Lindsey Vonn zum Tiefschneefahren gegangen wäre.

Duke ist ein Skiverrückter. „Ich bin einer der wenigen, die Corbet’s Couloir in Jackson Hole auf Skiern, auf Telemark-Ski und mit dem Snowboard hinuntergefahren sind“, erzählt Duke stolz. Diese Rinne ist eine der steilsten und anspruchsvollsten, die man in Wyomings Top-Skiresort fahren kann. „Aber jetzt zeige ich dir unser Corbet’s Couloir hier in Bridger Bowl.“

Die unteren zwei Drittel des Skigebiets sind überwiegend sanft geneigte Cruising-Runs – ideal zum Einfahren nach dem langen Flug über den Atlantik. Darüber aber ragt eine von Rinnen und Felsbändern durchsetzte Wand in den Himmel. Nichts dort oben ist präpariert. Zwischen den atemberaubenden Steilhängen „Nord Bull“ und „Richard Gary“ stürzt der steilste in die Tiefe: „Stylez Couloir ist unsere Antwort auf Corbet’s Couloir in Jackson“, erzählt Duke.

Wer sich da hinein traut, sollte seine Ski oder sein Board beherrschen, sonst wird die Abfahrt zum Rodeo-Ritt mit garantiertem Abwurf. Damit die Ski Patrol nicht permanent zu Bergungseinsätzen ausrücken muss, verzichtet man in Bridger Bowl bewusst auf einen Lift bis ganz auf den Gipfel. „Wer unser extremes Gelände fahren will, muss zu Fuß aufsteigen“, sagt Duke. Ins sogenannte „Ridge terrain“ darf man nur mit kompletter Lawinen-Ausrüstung. Die Ski Patrol kontrolliert dies am Schlasman’s Lift und am Gipfel des Bridger Lifts. Der kleine Schlepplift ist für die Patroler reserviert. „So sind wir im Notfall schneller zur Stelle“, erklärt Ski Patroler Lee. Gäste dürften den Schlepper nie benutzen. „Wer aber nett fragt, dem nehmen wir schon mal die Ski rauf“, erzählt Lee.

„Und netten Ladies schenke ich für den Aufstieg noch eine Schokoladenpraline – schließlich wollen wir ja einen besseren Service bieten als der Yellowstone Club“, meint Lee augenzwinkernd. Der elitäre Yellowstone Club setzt Service-Maßstäbe, für die meisten bleibt er jedoch unerreichbar. Nur, wer ein viele Millionen Dollar teures Villengrundstück kauft, kommt rein. Zudem wird eine sechsstellige Jahresgebühr fällig. Der Club und das Privatskigebiet liegen direkt neben dem Ski-Resort Big Sky. Club-Member pendeln ins Big Sky-Areal, Normalsterblichen wird der umgekehrte Grenzverkehr aber von strengen Security-Leute untersagt.

Die Fahrt von Bozeman nach Big Sky dauert nur gut ein Stunde. Die unzähligen Kreuze am Straßenrand erinnern mich an die Cowboys mit Whiskey-Fahne von gestern Abend. Der Gallatin River direkt neben der Straße verursacht oft eine tückische überfrierende Nässe in dem engen Canyon. Als ich links die ersten Pisten sehe, ragt der Lone Peak wie eine gigantische Pyramide aus Fels, Schnee und Eis vor mir über Big Sky empor. Ein überwältigender Gipfel inmitten einer dicht bewaldeten Berglandschaft.

Inmitten der malerischen Landschaft hebt sich der Lone Peak von der Umgebung ab

Der Lone Peak während eines Sonnenuntergangs

3.400 Meter streckt sich der Lone Peak am Rand des Yellowstone-Nationalparks in den Himmel. Stolze 1.417 Meter beträgt die Höhendifferenz des Skiresorts – das ist US-Rekord. Mit einer befahrbaren Fläche von mehr als 23 Quadratkilometern gehört es zudem zu den größten Nordamerikas. Da die nächsten Metropolen Hunderte Kilometer entfernt sind, gibt es kaum Tagesgäste. „So hat man in Big Sky manchmal das Gefühl als gehöre einem das Skigebiet ganz allein“, schwärmt Skilehrer Chris.

Einst arbeitete Chris für die US Army in Garmisch-Partenkirchen, danach trainierte er Skirennläufer und Freerider. Er ist in der Skiwelt herumgekommen und nicht zufällig in Big Sky sesshaft geworden. „Big Sky bietet einfach alles – extrem weite und sanft abfallende Pisten für Genuss-Skifahrer und anspruchsvolle Waldabfahrten bis hin zu extrem steilem Gelände für Könner.“

Big Couloir in Big Sky c Bernhard KriegerHighlight ist der Lone Peak. Der Zugang zu dessen spektakulärsten Runs wird limitiert. „Aus Sicherheitsgründen, aber auch, damit unsere Gäste wirklich ein einmaliges Erlebnis mit nach Hause nehmen“, erklärt Chris. Wie auf dem Golfplatz werden „Teetimes“ vergeben. Auf die Snowfield-Abfahrt vom North Summit dürfen immer nur vier Wintersportler gleichzeitig. „Und wer ins Big Couloir unter der Lone Peak-Gondel will, muss bei der Anmeldung eine komplette Lawinensicherheitsausrüstung und einen Partner dabei haben“, erläutert Chris.

Headwaters Skiline c Bernhard Krieger

Kult ist auch die Lone Mountain Ranch am Fuße des Big Sky Tals mit ihren Blockhütten direkt an den Langlaufloipen und ihrem Pferdeschlitten-Dinner. Durch verschneite Wälder fahren die Schlitten hinauf zu einer nur von Petroleumlampen beleuchteten Berghütte. Ein Country-Sänger gibt Lagerfeuerhits zum Besten, während aus der kleinen Küche Riesensteaks angeschleppt werden. Vegetarische Alternativen gibt es nicht. „Vegetarier ist bei uns ein Synonym für ’schlechter Jäger’“, sagt der Koch. Was so mancher Gast als Witz versteht, meint der Mann völlig ernst. Genauso wie sein zum Desert vorgetragenes Gospel-Gebet mit dem Refrain: „Oh Herr, schick uns Powder!“

Pulverschnee ist eine ernste Sache im Wilden Westen. „Kanada, Colorado oder Utah? Ach was – wir haben den besten Powder“, darin sind sich in Big Sky alle einig. Über zehn Meter Schnee fallen durchschnittlich pro Saison in den Hochlagen von Montana. Mehr bekommen regelmäßig nur noch Jackson Hole und Grand Targhee, das einen geradezu mystischen Ruf als Schneeloch genießt. Grund genug für mich, die Koffer zu packen und von Big Sky am Yellowstone Nationalpark vorbei rund vier Stunden gen Süden zu fahren. Grand Targhee liegt auf der Rückseite des 4.197 Meter hohen Teton-Massivs, rund eine Autostunde von Jackson Hole entfernt auf der Grenze von Idaho und Wyoming. „Also in Wydaho“, scherzt Jennie, als sie mich in Grand Targhee freudestrahlend begrüßt, weil ihr Resort seinem Ruf mal wieder gerecht wird: Es schneit wie verrückt!

Hier hat man nicht immer die beste Sicht

Leider hat Grand Targhee allerdings genauso oft dichten Nebel wie Neuschnee. Jennie aber findet sich auf ihrem Powder-Spielplatz auch ohne Sicht zurecht. Fast im Blindflug rausche ich durch knietiefen Powder hinter ihr her. Außer uns und einer Handvoll Locals traut sich keiner in den dichten Nebel. So fahren wir in offenen Bowls und lichten Wäldern bis mittags eine unverspurte Line nach der anderen.

Grand Targhee mag nur aus ein paar einfachen Unterkünften, einer Après-Ski-Kneipe und zwei Läden bestehen, das Skigebiet aber ist herausragend und oft menschenleer. Die durchschnittlich über zwölf Meter Schnee pro Jahr genießen pro Saison gerademal 160.000 Besucher – so viel haben Ski-Arenen in den Alpen in einer einzigen Hochsaison-Woche! Und wenn es an den vier Liften, die aus dem 2.395 Meter hoch liegenden Ort auf den über 3.000 Meter hohen Gipfel führen, mal voller werden sollte, gibt es ja auch noch ein Catskiing-Areal.

Nach zwei Pulverschnee-Tagen bin ich wieder auf der Straße. Der Kompass in meinem SUV zeigt Richtung Westen. Das Ziel: Jackson Hole und sein rund 20 Autominuten vom Zentrum entferntes Ski-Dorf Teton Village direkt am Skiberg. Nach drei Geheimtipps folgt ein Skigebiet, das zurecht weltbekannt ist. Jackson hat die Steilhänge von Bridger Bowl, eine ähnliche Vielfalt wie Big Sky und die Schneemassen von Grand Targhee. Darüber hinaus bietet Jackson die Annehmlichkeiten großer Ski-Resorts: mehrere Top-Hotels wie das Amangani, das FouCowboystiefel in Jackson Hole c Bernhard Kriegerr Seasons oder das neue Hotel Jackons, dazu kultige Western-Bars wie die Million Dollar Cowboy Bar oder den Silver Dollar Saloon und jede Menge coole Läden wie die Boot Barn. Die Auswahl an Westernstiefeln, Gürtelschnallen und Cowboy-Hüten ist riesig, die Preise niedrig.

„Jackson ist kein Retorten-Resort, sondern ein gewachsenes Städtchen mit Western-Charme“, sagt Skilehrer und Backcountry-Guide Christoph. Im Sommer ist es das Tor zum Yellowstone mit seinem berühmten Old Faithful-Geysir, im Winter der Hotspot für abenteuerlustige Skifahrer in Amerika. Das Resort hat sein leichtes und mittelschweres Areal zu seinem 50. Geburtstag zwar deutlich ausgebaut, es bleibt aber vor allem ein Skigebiet für Könner.

Jackson ist nichts für Weicheier oder „Sissies“. Zumindest nicht ganz oben, wo die Tram-Seilbahn Powder-Junkies auf 3.185 Meter im unpräparierten Gelände und im Backcountry ausspuckt. Dort ist es wahrlich „steep and deep“, wie die Werbung des größten Skigebiets in Wyoming verspricht. 90 Prozent der Abfahrten sind mittel- bis extrem schwer. Am Gipfel tummeln sich junge Freerider mit ABS-Lawinenrucksäcken auf dem Rücken und alte Hippies mit zotteligen Vollbärten, die selbstverständlich nur Telemark fahren. Jackson hat eine Freerider-Comunity wie sonst nur Whistler oder Revelstoke in Kanada.

Kein Wunder, dass der amerikanische Ski-Filmemacher Warren Miller seinen aktuellen Streifen unter anderem in Jackson Hole gedreht hat. Der frühere Abfahrts-Olympiasieger Tommy Moe spielt darin eine Hauptrolle. Moe lebt seit Jahren auf einer Ranch in Jackson Hole. „Ein weiterer Ski-Promi ist Olympiasieger „Pepi“ Stiegler“, erzählt der aus österreich stammende Skilehrer Christoph. Sein Landsmann sei schon 1965 nach Jackson gekommen. Stiegler eröffnete dort eine Ski-Schule und ein Restaurant und nebenher führte er seine Tochter Resi bis in den Skiweltcup.

Die mächtigen Gipfel der Teton-Gebirgskette geben im Warren Miller-Streifen eine grandiose Filmkulisse ab. Der 4.198 Meter hohe Grand Teton erhebt sich majestätisch aus der zweitausend Meter hoch liegenden Prärie rund um Jackson. Als 1808 eine frankokanadische Expeditions-Gruppe die Gegend erkundete, gaben sie den Gipfeln den Namen Teton. Téton ist das französische Wort für die weibliche Brust. Eine gute Wahl. Sexappeal hat Jackson Hole-Skigebiet auf jeden Fall!

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